© Marc Chain

Burgschreiber:in zu Beeskow - Henryk Gericke 2024

"Tanz den Kommunismus" - Lesung, Talk & Musik von und mit Henryk Gericke am 25.10. um 19 Uhr

Das Amt „Burgschreiber:in zu Beeskow“ besteht bereits seit dem Jahre 1993 und wird vom Landkreis Oder-Spree und der Stadt Beeskow für die Dauer von fünf Monaten ausgeschrieben.

Es ist mit einem Förderstipendium in Höhe von 5.000 Euro sowie freiem Wohn- und Arbeitsraum auf der Burg Beeskow verbunden. Das Stipendium ermöglicht dem/r Burgschreiber:in, eigene literarische Vorhaben umzusetzen. Wünschenswert ist die Bereitschaft zum aktiven Austausch zwischen Burgschreiber:in, Stadt und Region. Die Burg unterstützt den/die Burgschreiber:in, eigene Vorstellungen und Ideen für Projekte vor Ort zu verwirklichen, beispielsweise in Form von Lesungen, in Zusammenarbeit mit Schulen und/oder kulturellen Einrichtungen sowie der lokalen Presse.

Für den/die Amtsinhaber:in besteht für die Dauer des Stipendiums grundsätzlich Residenzpflicht. Eine im Januar 2025 geplante Antritts- und im Mai 2025 geplante Abschlusslesung sind wahrzunehmen. Weitere Lesungstermine können in Abstimmung mit dem/der Burgschreiber:in vereinbart werden. Der/die Burgschreiber:in verfasst im Laufe der Amtszeit neben eigenen literarischen Vorhaben sogenannte Burgminiaturen, die Teil der Abschlusslesung sind und der Burg für eine mögliche Veröffentlichung zur Verfügung stehen.

Grundlage für die Bewerbung ist die Anerkennung der „Richtlinien für die Verleihung des Amtes Burgschreiber:in zu Beeskow“. Voraussetzung für die Bewerbung ist die erfolgte Veröffentlichung von mindestens drei selbstständigen Publikationen (Bücher, Anthologiebeiträge, Beiträge in Literaturzeitschriften mit ISBN/ISSN bzw. Aufführungs-, Sendedatum für Dramatik, Hörspiel, Drehbuch), die nicht im Eigenverlag bzw. durch Eigenfinanzierung zustande gekommen sind.

Die Bewerber:innen reichen drei verschiedene Leseproben im Umfang von insgesamt max. 25 Seiten ein. Die Leseproben müssen nicht aus bereits veröffentlichten Publikationen entnommen sein. Um ein kurzes, aussagekräftiges Motivationsschreiben (inhaltliches Interesse, literarische Vorhaben für die Dauer der Amtszeit, eigene Vorstellungen zur Amtserfüllung) wird gebeten. Als Anlagen sind die Biografie, ein für eine mögliche Veröffentlichung frei gegebenes Foto und die Bibliografie einzureichen. Die vollständigen Bewerbungsunterlagen inklusive Anschrift und Telefonnummer werden nur in elektronischer Form – zusammengefasst in einer, mit dem vollständigen Namen des/r Einreichenden gekennzeichneten PDF-Datei – entgegengenommen. Einsendeschluss ist der 07.07.2024 (Maileingang).

Eine wiederholte Bewerbung ehemaliger Burgschreiber:innen ist nicht möglich. Über die Vergabe entscheidet im September 2024 eine Jury entsprechend der Richtlinien. Ihre Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Kontakt: Stephanie Lubasch, Tel. 03366 35-2706; stephanie.lubasch@l-os.de

Burgschreiber:innenrichtlinien

Als Ausdruck des Kulturwillens der Bevölkerung von Beeskow und des Landkreises OderSpree und in der Absicht, Literatur und Publizistik als Mittel zur Verständigung für alle Bürger zu fördern, haben Stadt und Landkreis das Amt des/r Burgschreibers/in zu Beeskow eingerichtet. 

In Zeiten zunehmender sozialer Unsicherheit und Entfremdung, in denen neue Strategien zu begreifen und zu entwickeln sind, kommt dem geschriebenen Wort eine besondere Mittlerfunktion zu. Je komplexer gesellschaftliche Strukturen werden, desto wichtiger werden für den Einzelnen die Region und das Gefühl, dazuzugehören. Selbstbewusstsein und Identität hängen davon ab, Eigenes zu haben und zu schaffen. Hilfestellung dabei zu leisten, dieses Eigene kenntlich zu machen, nach seinen Ursprüngen und Potenzialen für die Zukunft zu fragen, soll Aufgabe des/r Burgschreibers/in sein. Für Zielsetzung und Vergabe dieses Amtes gelten folgende Kriterien:

Henryk Gericke

Burgschreiber zu Beeskow 2024

Henryk Gericke wird neuer Burgschreiber zu Beeskow. Darauf einigte sich die sechsköpfige Jury am Freitag, 22. September 2023 nach dreistündiger Beratung. Insgesamt hatten sich in diesem Jahr 40 Autor:innen aller Altersklassen aus Deutschland und Österreich, aus Städten wie Wien und Salzburg, Berlin, Potsdam, Heidelberg, Kassel und München, Rudolstadt und Leipzig um das Amt beworben. Unter den als Leseprobe eingereichten Texten finden sich vor allem Lyrik und Prosa – Essays, Kurzgeschichten und Romanauszüge ebenso wie Sachbuchtexte.

Henryk Gericke, geboren 1964 in Ostberlin, arbeitete nach einer Lehre als Buchbinder als Drucker im Progress Filmverleih und ist seit 1986 freischaffender Schriftsteller. 1982 gründete er die Punkband „The Leistungsleichen“ und war ab 1985 in der politischen Opposition Ostberlins aktiv. Nach dem Erscheinen eines ersten Gedichtbandes 1996, schrieb Gericke bis 2004 fast ausschließlich Lyrik, vereinzelt auch Essays, Artikel und Rezensionen. Im selben Jahr erhielt er das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste in Berlin und begann, sich intensiver mit dem Thema Subkultur und Gegenkultur in der DDR zu beschäftigen.  Es entstanden Ausstellungen, ein Dokumentarfilm, Rundfunksendungen, Artikel und Bücher. Seit 2019 gibt Gericke die Schallplatten-  und Kassetten-Serie „tapetopia   –  GDR Undergroundtapes“ heraus.

Die Jury überzeugte Gericke durch das spannende Zusammenspiel aus biografischem Hintergrund (Ostberliner Underground; Affinität zur Punkmusik) und seinem begonnenen Romanprojekt „Der Raum ist aus den Fugen“ (Arbeitstitel), in dem er mit einer stilistisch sehr ausgefeilten, bildreichen Sprache arbeitet. Positiv bewertet wurde zudem sein sehr individuelles Motivationsschreiben, in dem er seine Biografie mit seinen Vorhaben in Beeskow verwebt. Der „Kontrast zwischen Poesie und Punk“, in dem er sich bewege, mache ein „Universum“ auf, in dem „viel Spielraum“ sei. Die ältere Generation, so hieß es abschließend, könne gut eine Verbindung zu ihm aufbauen, der jungen wiederum habe er „etwas zu erzählen“.  

Zur Burgschreiber:innen-Jury gehörten neben der 30. Burgschreiberin zu Beeskow, Franziska Hauser, der Berliner Kulturjournalist Peter Liebers, Verleger André Förster vom Verlag für Berlin-Brandenburg, Kerstin Bartelt, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Beeskow, Leni Hartung, Schülerin des Beeskower Rouanet-Gymnasiums, und Stephanie Lubasch vom Kultur- und Sportamt des Landkreises Oder-Spree.

Für das kulturelle Leben der Burg, der Stadt und der Region stellen die Burgschreiber:innen eine Bereicherung dar. Insbesondere die zusätzlich zu den eigenen Arbeitsvorhaben verfassten literarischen Notizen bzw. Miniaturen und Zeitungskolumnen treffen häufig den Nerv der Zeit und Bürger:innen vor Ort.

Henryk Gericke hält seine Abschlusslesung am 24. Mai 2024, 18 Uhr, im Konzertsaal der Burg.

Liste der Burgschreiber:innen

Henryk Gericke

Geboren 1964 in Berlin Prenzlauer Berg, lebt ebenda. Autor, Herausgeber und Galerist. 1981-82 Sänger der Ostberliner Punkband The Leistungsleichen. 1985-89 Herausgeber unabhängiger Editionen und Samisdat-Hefte (Caligo, Autodafé, Art. 27, Braegen) sowie Autor in anderen unabhängigen Editionen (Anschlag, Ariadnefabrik, Liane, Verwendung u.a.). 1990 Mitbegründer des Verlages Druckhaus Galrev. Seit 1997 unter dem Zweitnamen Nic Sleazy auch als DJ aktiv. 2004 Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste Berlin. Ab 2005 diverse Bücher, Veröffentlichungen, Ausstellungen, Rundfunkproduktionen sowie ein Dokumentarfilm zum Thema Subkultur in der DDR. 2010 Gründung der Staatsgalerie Prenzlauer Berg. Seit 2019 Herausgeber der Schallplatten-Edition "tapetopia – GDR Undergroundtapes". 2021 Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste Berlin. 2022 Literaturstipendium im Künstlerhaus LUKAS/Ahrenshoop.

Franziska Hauser

Franziska Hauser, geboren 1975 in Berlin Pankow ist Autorin und Fotografin. Sie studierte an der Kunsthochschule Berlin Weißensee Bühnenbild und freie Kunst und an der Ostkreuzschule Fotografie bei Arno Fischer. 2015 erschien ihr Debütroman „Sommerdreieck“ im Rowohlt Verlag, im Frühjahr 2018 ihr zweiter Roman „Die Gewitterschwimmerin“ im Eichborn Verlag,der für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde. Ihre Fotos werden, in der FAZ, taz, Freitag, Zeit Wissen, Nido u.a. abgedruckt. Daneben ist Franziska Hauser Mitgründerin der monatlichen Lesebühne „Des Esels Ohr“ und tritt auch regelmäßig bei anderen Berliner Lesebühnen auf. Zudem schreibt und fotografiert Franziska Hauser monatlich für das magazin und ist freie Mitarbeiterin. Die Jury überzeugte Franziska Hauser mit ihren ausgefeilten, sprachlich gut gebauten, nuancenreichen Texten ebenso wie als versierte Pendlerin zwischen den Welten von Literatur und Fotografie.

Maë Schwinghammer

Maë Schwinghammer, geboren 1993, studiert Sprachkunst in Wien und hat als Lyriker:in bereits in diversen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht, schreibt Theaterstücke und Hörspiele im Kollektiv HALM. Die Jury überzeugte Maë Schwinghammer mit sehr unkonventionellen Texten, die sich durch eine große Kompromisslosigkeit und den flexiblen Umgang mit sprachlichen Mitteln auszeichnen. Die von Maë Schwinghammer eingereichte Lyrik ist sehr einfühlsam und voller Poesie, das in Auszügen eingereichte Hörspiel klar strukturiert und geprägt von feiner Ironie. Auch Maë Schwinghammers Selbstverständnis und Unaufgeregtheit im Umgang mit dem Thema Transgender empfand die Jury als Bereicherung für das Amt Burgschreiber:in zu Beeskow.

Martine Lombard

Die gebürtige Dresdnerin, die von einer Jury aus gut 50 Bewerbern und Bewerberinnen ausgewählt wurde, lebt seit vielen Jahren in Frankreich. Von der Ausschreibung erfahren habe sie durch den Mitteldeutschen Verlag, der 2019 ihren Debütroman „Wir schenken uns nichts“ herausgebracht hat. „Es traf irgendwie einen Nerv bei mir“, sagt die 56-Jährige, deren Eltern aus der Lausitz stammen. „Mich zieht es unheimlich in diese Gebiete nördlich von Dresden …“ Nach ihrem Abitur studierte Martine Müller-Lombard zunächst Romanistik und Anglistik an der Humboldt-Universität Berlin, bevor sie die DDR 1986 Richtung  Frankreich verlies. In Paris begann sie später, Germanistik und angewandte Fremdsprachen zu studieren und schloss an der Pariser Hochschule für Dolmetscher und Übersetzer ab. Um sich verstärkt dem Schreiben widmen zu können, hat die Mutter von drei Kindern 2013 ihre Arbeit als freie Übersetzerin ebenso etwas zurückgefahren wie ihre Tätigkeit beim Kultursender ARTE.

Stefan Hornbach

Der 1986 in Speyer, Rheinland-Pfalz geborene Stefan Hornbach studierte Theaterwissenschaft, Psychologie und Neuere deutsche Literatur in München, anschließend Schauspiel an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg in Ludwigsburg. 2015 gewann er mit seinem Theaterstück „Über meine Leiche“ den Osnabrücker Dramatikerpreis, 2016 folgte eine Einladung zum Heidelberger Stückemarkt und zu den Autorentheatertagen ans Deutsche Theater Berlin, wo es in einer Produktion des Burgtheaters Wien zu sehen war. Es folgten weitere Inszenierungen in Osnabrück, im Burgtheater Wien und am Schauspielhaus Bochum. Heute lebt er in Berlin und arbeitet im Theater- und Filmkollektivs KOLLEKTIV EINS in Leipzig, Chemnitz und Wien.

Die Jury überzeugte er nicht nur mit seinen Theatertexten. Themen wie Herkunft, Kindheit und Jugend setzt Hornbach sprachlich gut gebaut um. Er erreicht mit seinen Texten Menschen unterschiedlicher Generationen, ob im Theater oder im Rahmen szenischer Lesungen. Die Jury beschrieb seine Texte dicht, emotional, dynamisch und kraftvoll.

 

Sascha Macht

Sascha Macht wurde 1986 in Frankfurt (Oder) geboren wurde und lebt heute in Leipzig.
Die Jury überzeugte er mit seiner kraftvollen Sprache, die extrem fantasievoll, zitatenreich und rhythmisch daherkommt. Sein unverwechselbarer Sound, seine Ironie und das gekonnte Surfen auf der Oberfläche von Genre-Literatur wurden durch einzelne Jurymitglieder hervorgehoben.
Obwohl vergleichsweise jung, kann Macht schon auf eine ganze Reihe von Veröffentlichungen zurückblicken, darunter die Romane „Der Krieg im Garten des Königs der Toten“, 2016 bei DuMont erschienen, und „Nach den Spionen“, im gleichen Jahr von Matthes und Seitz herausgegeben. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und im Internet kommen hinzu. Stipendien führten ihn nach Ahrenshoop, Berlin und Wiepersdorf. Er wurde mit dem 1. Preis des Literaturwettbewerbes „New German Fiction“ ausgezeichnet, mit dem Silberschweinpreis – Debütpreis der lit.COLOGNE, und hat in Klagenfurt beim Bachmann-Preis gelesen. Sascha Macht ist Absolvent des Literaturinstituts Leipzig.

Regina Hilber

Die 1970 in Hausleiten geborene Schriftstellerin bedient unterschiedliche literarische Genres, schreibt Gedichte, aber auch Essays und Prosastücke. Zu ihrer Bewerbung als
Burgschreiberin gehörte ihr im Vorjahr erschienenes Werk „Landaufnahmen“. Der Lyrikband nimmt die Leser unter anderem mit auf Reisen in die Alpen, in die Hohe Tatra und in die
weiten Landschaften Brandenburgs.

Dr. Klaus Berndl

Der vielseitige Autor und ausgewiesene Altertumsexperte, der sich in seinen varianten-reichen Erzählwerken zeitaktuellen sowie historischen Themen gleichermaßen sachkundig zuwendet und dabei sprachlich sehr überzeugend ist, legte 2004 mit „Feindberührung“ sein Romandebüt vor. Sein preisgekrönter Kurzkrimi „Bad Herzenwerder“ erhielt 2014 den Agatha-Christie-Krimipreis und entfaltet eine originelle Rachegeschichte, die auf eine raffinierte Schlusspointe zuläuft und voll von schwarzem Humor ist. Ein beklemmendes Szenario entwirft Berndl in seiner im psychiatrischen Milieu angesiedelten Kurzgeschichte „Franziskas letzter Tag“. Zentrale Gestalt dieser an äußerer Handlung knappen Story ist die Autistin Franziska, deren Befindlichkeit Berndl introspektiv eindringlich beschreibt und damit einen geschärften Blick für soziale Außenseiter unserer Gesellschaft erkennen lässt.

Volker Harry Altwasser

Volker Harry Altwasser, der 2010 für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert wurde und 2011 den Italo-Svevo-Preis erhielt, konnte sich in einem Kreis von sieben Autorinnen und Autoren durchsetzen, die sich aus dem gesamten Bundesgebiet für das sechsmonatige Burgschreiber-Stipendium beworben hatten. Der in Rostock lebende Autor arbeitete zunächst als Elektronikfacharbeiter, Heizer, Matrose, Montagearbeiter und Bürokaufmann, ehe er sich der Literatur widmete und von 1998 bis 2001 am Deutschen Literaturinstitut zu Leipzig studierte (Hauptfach Lyrik).  2003 erschien sein Debütroman „Wie ich vom Ausschneiden loskam“, es folgten  u.a. „Letzte Fischer. Erstes deutschsprachiges Hochseeepos“ (2011), „Glückliches Sterben – Altwassers Roman über Bruno Franks Bericht, in dem Chamfort seinen Tod erzählt“ (2014) sowie die unter dem Pseudonym Richard R. Roesch veröffentlichten Krimis „French 75“ (2011) und  „Pink Clover Club“ (2012). 

Carsten Zimmermann

Carsten Zimmermann wurde aus einem Kreis von 17 Autorinnen und Autoren ausgewählt, die sich aus dem gesamten Bundesgebiet für das sechsmonatige Burgschreiber-Stipendium beworben hatten. Der in Berlin lebende Autor gehörte zu den Stipendiaten, die die viel in der Stadt präsent und auch aktiv waren. So stellte er im Literaturkreis die Arbeit des Philosophen und Predigers Meister Eckhart vor, jenes Denkers, der auch in seiner eigenen Studienabschlussarbeit im Fach Philosophie Thema war; er las auf der Burg bereits im September erste Werke, die er in Beeskow verfasst hatte, und hielt am Volkstrauertag eine Gedenkrede.

Carsten Zimmermann gefiel die Idylle der Kleinstadt, erinnerte sie ihn doch an seine Heimat in Nordrhein-Westfalen. Er ließ sich durch die Stadt und die Umgebung inspirieren und schöpfte auf seinen ausgiebigen Radtouren durch die Region Kraft aus der Natur.

 

Rainer Stolz

Rainer Stolz arbeitete nach seinem Studium zunächst im Buchhandel und Verlagswesen, seit 2003 dann als freier Autor. Sein poetisches Wirken erstreckt sich u. a. auf Herausgebertätigkeiten, Poesie-Spaziergänge, poetische Improvisation und verschiedene Zusammenspiele mit Künstlerinnen und Künstlern anderer Sparten.

In seiner Burgschreiberzeit veröffentlichte er unter der Rubrik „Moment mal“ pointierte Kurztexte in der MOZ und führte mit den Teilnehmern der offenen Schreibwerkstatt Beeskow einen „Poesie-Spaziergang“ durch.

In seinem dritten Gedichtband „Selbstporträt mit Chefkalender“ gibt Stolz Einblicke in prekäre Subjekt-Entwürfe und Verortungsversuche, sei es in der Großstadt, in der Natur, im Alltag oder in sich selbst, so dass Fallstricke, aber auch Lichtblicke spürbar werden. Rainer Stolz leitet die Leser unter die Decks der Kindheit, in Spuren jugendlicher Selbsterkundung, in wunderliche Nervenkostüme der Liebe und bietet dabei auch virtuose Sprachspiele.

Diese Lyrik lädt ein zu einer intelligent-vergnüglichen Achterbahnfahrt durch die schwebende und vertrackte Gegenwart, wobei im Detail der Blick sich weitet und Feingefühl freigesetzt wird.

Dr. Inka Bach

Inka Bach wuchs in Ost-Berlin auf. 1972 floh sie mit ihrer Familie nach West-Berlin. Nach dem Abitur 1974 studierte sie ab 1975 Germanistik und Philosophie an der Freien Universität Berlin. 1982 erlangte sie den Magistergrad; 1987 promovierte sie mit einer Arbeit über deutsche Psalmendichtung zum Doktor der Philosophie. Inka Bach ist Verfasserin von erzählender Prosa, Gedichten, Kolumnen, Hörspielen, Theaterstücken und Drehbüchern. Neben ihren Lyrikbänden hat sie auch in zahlreichen namhaften Literaturzeitschriften wie „die horen“ , „Literatur im technischen Zeitalter“ , „neue deutsche Literatur“ , „lettre international“ , in Tageszeitungen, Wochenmagazinen und Ausstellungskatalogen Gedichte veröffentlicht. Ihre Vorliebe gilt dabei der Zusammenarbeit mit Illustratoren.

Nachdem die Berlinerin in ihren Lesungen in Beeskow Einblicke in ihren Roman „Glücksmarie“ und ihr lyrisches Schaffen gab, widmet sie sich in ihrer letzten Lesung ihren „Beeskower Texten“. Denn neben den zahlreichen in der MOZ erschienenen Kolumnen arbeitete Inka Bach als Burgschreiberin auch an Gedichten und am Roman „Gehen mit Andor“.

 

 

Vera Kissel

Bereits zur Amtseinführung im Juni beeindruckte die in Potsdam lebende freie Autorin mit einer Auswahl ihrer Gedichte das Beeskower Publikum.

Mit „Vogelkind“ veröffentlichte Vera Kissel ihren ersten Gedichtband, in dem sie von ihrer Kindheit und von der ihrer Eltern und Großeltern erzählt und so die Gegenwart verstehbar und durchsichtig macht. Mit klarer Sprache, von allem Überflüssigen gereinigt befasst sie sich mit Trauer und Glück, Leben und Tod - Liebe also.

Weitere zumeist unveröffentlichte Gedichte sind zum Teil als Annäherungen an Filmgeschichten oder auch Erzählungen entstanden, an denen die Autorin gearbeitet hat. Einige dieser Gedichte sind während ihrer Zeit in Beeskow entstanden.

Vera Kissel wurde im Odenwald/Bergstraße geboren und ist im Ruhrgebiet aufgewachsen. Heute lebt sie in Potsdam und schreibt für Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene: Romane, Theaterstücke, Kurzgeschichten und Gedichte.

Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Das Manuskript ihres ersten Jugendromans „Was die Welle nahm“ wurde 2012 für den Oldenburger Kinder-und-Jugendbuchpreis und für den Hans-im-Glück-Preis für Jugendliteratur nominiert. Nach Erscheinen wurde „Was die Welle nahm“ für den Lese-Hammer (2014) sowie die goldene Leslie (2015) nominiert und kam auf die Empfehlungsliste des Evangelischen Buchpreises (2015).

Armin Strohmeyr

Während seiner Zeit als Burgschreiber überraschte Armin Stohmeyr das Publikum mit Lesungen aus seinem noch unveröffentlichten Roman „Ferdinandea“. Großes Interesse weckte der promovierte Germanist mit seinem Buch über die „Frauen der Brentanos“ und mit seiner Lesung über "Geheimnisvolle Frauen. Rebellinnen, Mätressen, Hochstaplerinnen“.

Armin Strohmeyr wurde 1966 in Augsburg geboren und wuchs überwiegend in Königsbrunn auf. Von 1987 bis 1992 absolvierte er sein Studium der neueren deutschen und der französischen Literaturwissenschaft sowie der Musikwissenschaft an der Universität Augsburg. Ab 1993 war er Redakteur eines regionalen Jahresbuches für Bayrisch Schwaben. 1997 pomovierte er zum Dr. phil. an der Universität Augsburg zum Thema "Der androgyne Geschwisterkomplex im Werk Klaus Manns". Seit 1998 ist Strohmeyr als freier Autor in Berlin tätig. Es erschienen Biografien und Editionen, rund 100 kultur- und literaturgeschichtliche Hörbilder und Features sowie Rezensionen für verschiedene Rundfunkanstalten und Aufsätze für diverse Publikumszeitschriften.

Nina Jäckle

Mit 25 Jahren begann Nina Jäckle zu schreiben. Sie verfasste bislang Hörspiele, Theaterstücke, Drehbücher und vor allem Prosa. So trat die in Berlin lebende Schriftstellerin, Jahrgang 1966, mit Erzählungen („es gibt solche“) sowie den Romanen „Noll“ und „Gleich nebenan“ hervor.
Die Jury zeigte sich beeindruckt von der gestalterischen Kraft, dem unverwechselbaren Tonfall und der Musikalität ihrer Sprache.

 

Ralph Hammerthaler

Ralph Hammerthaler, 1965 geboren, lebt als Schriftsteller in Berlin. Er studierte in München, Berlin und Jena und promovierte in Soziologie. Nach acht Jahren als Autor im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung, davon zwei Jahre als Kulturredakteur in Berlin, begann er, Romane, Erzählungen und Essays sowie Theaterstücke und Opernlibretti zu schreiben. Seine Stücke sind in mehrere Sprachen übersetzt worden. Er war Gastdramaturg an der Berliner Schaubühne und ist Socio Honorario des Teatro Sombrero Azul in Mexico City. Zuletzt erschien 2022 sein Kurzer Roman über Hooligan Til bei Quintus.

 

 

Ines Geipel

Ines Geipel, geb. 1960 in Dresden, war sechs Jahre im DDR-Hochleistungssport aktiv - mit Zwangsdoping und Weltrekord über 4 x 100 Meter. Nach dem Germanistik-Studium in Jena floh sie 1989 nach Westdeutschland,  wo sie in Darmstadt Philosophie und Soziologie istudierte. 1996 gab sie Gedichte und Prosa von Inge Müller heraus; daneben u. a. eigene Texte (ein Roman, eine Gedichtsammlung). Heute ist sie Professorin an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und Mitarbeiterin des Hannah-Arendt-Instituts.

Martin Ahrends

Martin Ahrends wurde 1951 in Berlin-Zehlendorf, im ehemaligen Westsektor der Stadt, geboren. 1957 siedelte er mit seinen Eltern nach Kleinmachnow über. Sein Vater war der in der DDR bekannte Geiger Gustav Schmahl. 1970 machte Ahrends sein Abitur in Potsdam. Danach studierte er Musik, Philosophie und Schauspielregie in Berlin.

Bis 1977 war er Redakteur bei der Monatszeitschrift „Musik und Gesellschaft“ und bis 1979 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Komischen Oper Berlin. Aufgrund seiner Einstellung zu den politischen Begebenheiten in Polen in den Jahren 1980/1981 wurde ein Arbeitsverbot verhängt. Zwischenzeitlich machte er Aushilfearbeiten bei der evangelischen Kirche und privaten Handwerksbetrieben. Als seinem Ausreiseantrag (den er bereits 1982 stellte) 1984 stattgegeben wurde, folgte die Ausreise in die Bundesrepublik.

Von 1986 bis 1994 arbeitete Ahrends als Redakteur und Publizist bei der ZEIT in Hamburg.

Martin Ahrends hat acht Kinder und lebt seit 1994 als freier Autor in Kleinmachnow.

Joachim Walther

Bei seinem Antritt als Burgschreiber 2005 wünschte ihm seine Vorgängerin, die Autorin Katja Lange-Müller, viel Zeit und Ruhe in der kleinen Kreisstadt Beeskow.. Ihre Hoffnung? Joachim Walther könne sich dann wieder mehr seinen ureigenen literarischen Stoffen widmen und seinen „bitter-komischen Blues“ singen. Er hat die Zeit genutzt. Nicht nur für die insgesamt elf Miniaturen, erschienen im Oder-Spree Journal der Märkischen Oderzeitung. In diesen äußerte er sich klug, witzig und mit einer sprachlichen Eleganz, die in solch kurzen Stücken selten geworden zu sein scheint, zu soziokulturellen, gesellschaftspolitischen sowie lokalen Themen. Daneben gelang es Walther auch, seinen Roman „Himmelsbrück“ neu zu konzipieren und zu beenden. Joachim Walther starb im Mai 2020 im Alter von 76 Jahren.

Katja Lange-Müller

Katja Lange-Müller ist die Tochter von Inge Lange (1927–2013), die eine führende Politikerin in der DDR war. Nachdem sie mit 16 Jahren wegen „unsozialistischen Verhaltens“ von der Schule verwiesen worden war, machte sie eine Lehre als Schriftsetzerin und arbeitete anschließend als Bildredakteurin bei der Berliner Zeitung. Nach einer einjährigen Tätigkeit als Requisiteurin beim DDR-Fernsehen war sie mehrere Jahre Hilfsschwester auf geschlossenen psychiatrischen Stationen der Berliner Charité und des Krankenhauses für Neurologie und Psychiatrie Berlin-Herzberge.

Ab 1979 studierte sie am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. 1984 reiste sie aus der DDR nach West-Berlin aus. Sie lebt bis heute in Berlin und neuerdings auch in der Schweiz.

Lange-Müller ist seit 2000 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, seit 2002 der Akademie der Künste (Berlin). Sie war Mitglied des PEN Zentrum Deutschland, ehe sie aus Protest gegen die Umstände der Vereinigung mit dem ostdeutschen PEN-Zentrum gemeinsam mit Ingrid Bachér, Marcel Reich-Ranicki u. a. austrat. Im Juni 2022 war Lange-Müller Mitgründerin des PEN Berlin.

Richard Pietraß

Geboren 1946 in Lichtenstein (Sachsen), machte Pietraß Abitur und einen Facharbeiterbrief als Metallhüttenwerker, bevor er 1968 ein Studium der Klinischen Psychologie und Forschungsstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin aufnahm. Von 1975 bis 1979 arbeitete er als Lyriklektor im Verlag Neues Leben und als Redakteur der Zeitschrift „Temperamente“.
Von 1977 bis 1979 war er Herausgeber der Lyrikreihe „Poesiealbum“. Seit seinem erzwungenen Ausscheiden aus der Redaktion 1978/79 arbeitet er als freier Schriftsteller und veröffentlicht bevorzugt Gedichtbände. Zuletzt erschien von ihm 2020 Coronaden. Gedichte. Minima aus dem Minimum. Pietraß lebt in Berlin.
 

Henryk Bereska

Henryk Bereska, geboren 1926 in Kattowitz, wuchs zweisprachig auf und studierte Germanistik und Slawistik. Er war er Redakteur des Aufbau-Verlages, bis er 1955 aus politischen Gründen ausschied. Er zog ins märkische Kolberg und übersetzte die polnischen Schriftsteller Andrzejeweski, Rozewicz, Witkiewicz, Zagajewski und Milosz. Bereska gehörte zu den Unterzeichnern gegen die Ausbürgerung Biermanns. Für seine Verdienste um die polnische Literatur in Deutschland erhielt er nach der Wende zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Bereska starb 2005 in Berlin.

Anja Tuckermann

Anja Tuckermann hat Romane, Theaterstücke, Libretti und andere Texte für Musik und Kurzprosa verfasst. Gleich ihr erstes Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt, ihre bekanntesten Bücher sind die dokumentarisch-biografischen Romane Muscha. Ein Sinti-Kind im Dritten Reich, Denk nicht, wir bleiben hier über Hugo Höllenreiner und Mano. Der Junge, der nicht wusste, wo er war über Hermann Höllenreiner. Sie behandeln das Schicksal von Sintikindern in der Zeit des nationalsozialistischen Regimes und nach dem Krieg. Bücher von ihr sind ins Norwegische, Schwedische, Dänische, Niederländische, Französische, Englische, Spanische, Katalanische, Mazedonische, Polnische, Ungarische, Türkische, Kasachische und Chinesische übersetzt worden.

Anja Tuckermann hatte sich nicht das erste Mal als Burgschreiberin in Beeskow beworben. Im Jahr 2001 hatte es geklappt, das hat sie selbst überrascht.“ Wenn man die Bewerbung abschickt, kann man sich ja nicht darauf verlassen, dass man angenommen wird, „ sagt Anja Tuckermann. Sie hat schon einige Ideen, was sie in Beeskow machen möchte. Auf alle Fälle an ihrem neuen Roman „Fräulein Moxa“ weiterschreiben. Es ist die Geschichte einer alleinstehenden Frau, der die Männer hinterher laufen und die sich alles traut. Da ihre Liebe der Literatur für und über Kinder und Jugendliche gilt, ist Anja Tuckermann sehr an Kontakten zu Schulen interessiert. Und sie nimmt wie die anderen Burgschreiber das Angebot des Spree-Journals wahr, regelmäßig eine Wochenend-Kolumne zu schreiben.

 

Dietrich Gronau

„Plötzlich fühle ich mich heimisch in Beeskow“, endete Gronaus Abschiedslesung. Der erste Eindruck des Kenners vieler europäischer Großstädte von der Kreisstadt: „Ein Marktplatz mit einer Kreuzung““. Dann sei ihm schnell bewusste geworden, dass sechs Monate Freiheit und damit viel Zeit vor ihm lagen. Und Zeit sei das aufregendste Element in seinem Leben, bekannte Gronau. Der Burgschreiber erzählte von seiner Bekanntschaft mit anderen Künstlern auf der Burg, seinen Kontakten mit den Beeskowern, seiner Einsamkeit zu Beginn des Herbstes. Schmunzeln und Erstaunen erntete Gronau, als er von der Reise erzählte, die er von Beeskow aus angetreten hatte
Vorgestellt hatte Dietrich Gronau dem Burgpublikum auch noch eines seiner Bücher. Er las aus seiner Biografie über Benoîte Groult. Der Name der Französin sagt den meisten sicher nur etwas in Zusammenhang mir dem Buchtitel „Salz auf unserer Haut“.
Gronau hat die Französin, die mit dem früheren französischen Präsidenten Francois Mitterrand befreundet war, für das Buch in Paris besucht. Nicht alles was er dabei erfahren hat, findet sich in der Biografie wieder. Es blieb genug Stoff für ein paar kleine Geschichten, die der Burgschreiber den Beeskower Zuhörern humorvoll und spannend erzählte. So habe ihm Benoîte Groult ein Bild gegeben, das den Staatspräsidenten in Küchenschürze beim Karottenputzen zeigt. Es wäre sehr schön für sein Buch gewesen, doch die französische Regierung habe das unveröffentlichte Bild nicht freigegeben.

 

Ildiko Röd

Burgschreiberin Ildiko Röd hatte zu ihrer Abschiedslesung eingeladen. Die Beeskower kamen, amüsierten sich prächtig und am Ende war gar nicht mehr so klar, ob das mit der Abschiedslesung noch stimmt.
Ildiko Röd begann ihre Lesung. Zuerst ein Stück aus dem Roman, an dem sie arbeitet. Sie habe nicht so viel geschafft, wie sie sich vorgenommen hatte. Aber immerhin sei das Konzept fertig und ein neues Kapitel geschrieben, bekannte sie. Und aus eben dem las sie ein ganz kurzes Stück.
Weitere kurze Texte folgten. Eine Geschichte aus Tirol, der Heimat von Ildiko Röd, die ihr ihre Mutter erzählt hat. Und eine kleine Geschichte über ihre Ankunft und ihr Leben auf der Burg. „Mein kleiner Beeskower Raum“, erklärte sie.
Mit einer Weihnachtsgeschichte, die nicht in Bethlehem, sondern in Beeskow spielt. Einer Geschichte, in der Kantor Matthias Alward, Knut Krüger, Bürgermeister Fritz Taschenberger, Heinz Herold und viele andere Beeskower vorkommen.
„Wenn sie einmal im Ausland leben, wünsche ich ihnen, so aufgenommen zu werden, wie ich es hier erlebt habe.“ Für sie sei die Beeskower Zeit eine wichtige Zäsur gewesen.
„Mit dem Stipendium habe ich erstmals eine Anerkennung von außen für meine Arbeit erhalten“, hob sie die Bedeutung der Burgschreiberstelle für sich hervor. Und dann entwickelte Ildiko Röd ihre Version  für Beeskow. „Ich sehe die perfekte Märchenstadt, in der sich Kinder und Familien wohlfühlen.“

 

Sigrun Casper

Nachdem sie auf einem alten, von ihr bemalten Stuhl Platz genommen hatte, sagte sie: „Ich mute ihnen ganz schön was zu.“ Gemeint war der Stapel Manuskripte, der zum Vorlesen bereit lag. Alles Arbeiten, die im Burgschreiberstübchen entstanden waren. Impressionen aus Beeskow, die von allgemeingültigem literarischen Wert sind. „Fremd“ war die erste Kurzprosa betitelt, in der Gefühle, Situationen und Beobachtungen deutlich wurden, die mit Fremdsein zu tun haben. Von der beruhigenden, faszinierenden und ein bisschen unheimlichen Stille abends, nachts und morgens auf dem Burghof erzählten einige Geschichten. Die ungewollte Kraft des Kraches wurde dagegengesetzt. Über ihre Radtouren über Land schrieb Frau Casper und immer wieder sind es die Menschen, die sie beeindrucken. Hier waren es sowohl die Studenten des Gesangsseminars als auch ganz flüchtige Begegnungen. Wie jene mit einem Mädchen, das Schneeflocken fängt oder mit einem Mann, der nie ohne sein Fahrrad ist. Auch einige kurze Porträts hat die Autorin hier geschrieben. Das von dem Maler Gerhard Knabe, der ihr den Blick für ungewöhnliche Landschafts- und Himmelansichten geöffnet hat, las sie vor.

Andreas Albrecht

Andreas Albrecht wuchs in der DDR auf. An eine Ausbildung zum Rinderzüchter schloss sich ein Physikstudium an. 1996 zog Andreas Albrecht nach München. Dort erhielt er 1997 das Münchner Literaturstipendium. Im selben Jahr war er Burgschreiber in Beeskow.

Unter 35 Bewerber:innen wurde Andreas Albrecht ausgewählt. Nach seinem Studium und mit Beginn einer neuen Arbeit, ließ er sich erst einmal für drei Jahre beurlauben und schrieb den Roman "Unter Umständen Liebe". Seit 1980, mit Veröffentlichung des Buches, ist er freier Schriftsteller. "Zu DDR-Zeiten ist Albrecht einiges gelungen, aber alles wurde wahrgenommen, jetzt gelingt ihm beinahe alles, aber keiner merkt´s". (Zitat Tilo Köhler). In seiner Münchener Wohnung quellen die Schubfächer über vor Manuskripten. Albrecht zwingt den Leser oder Zuhörer sehr zum Mitdenken, zum Weiterdenken und Nachvollziehen.

Tilo Köhler

Tilo Köhler, 1955 in Babelsberg geboren, wuchs in Brandenburg auf, lernte Hochseefischer, holte auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur nach, studierte Germanistik, arbeitete als wissenschaftlicher Assistent an der Humboldt-Universität Berlin, als Verlagslektor und freier Journalist. Er starb 2017.

Zum Amtsantritt laß der Journalist und Schriftsteller Tilo Köhler aus seiner Stalin-Triologie. Das Buch handelt von den ersten Jahren der DDR, um Stalinstadt, die Stalinallee und das Stalinwerk. Seinen Lebensunterhalt verdiente Köhler hauptsächlich mit seiner Arbeit beim Radio wie dem WDR und SFB. Ihn interessierten als 4. Burgschreiber vor allem die Menschen, vor allem "[...] was ein ehemaliger LPG-Bauer [...] zu sagen hat [...]".

Manfred Wolter

Manfred Wolter verstarb bereits am 14. Oktober 1999 in Woltersdorf. seinem Heimatort. Er war Schriftsteller, Sachbuchautor, Lektor, Drehbuchautor, Filmszenarist und Filmregisseur. Nach der Wende schrieb Wolter Drehbücher für Dokumentarfilme. So auch das zum Film "Aktion Ungeziefer". Auf Burg Beeskow wollte er das dazugehörige Sachbuch in der Abgeschiedenheit beenden.

Für sein Buch Frank wurde Wolter 1988 vom Albert-Schweitzer-Komitee der DDR ausgezeichnet, dass insgesamt vier Auflagen erlebte. Er plante eine Fortsetzung.
Die Burgschreiberstelle begeistert Wolter nicht nur als Chance, ein halbes Jahr lang abgeschieden und sozial abgesichert zu arbeiten. „Ich würde die Zeit auch gern nutzen, um mit jungen Autoren zu arbeiten“, meint der ehemalige Lektor des Berliner Aufbau Verlages und frühere DEFA-Dramaturg.

1996 war Stipendiat auf Schloss Wiepersdorf. Im Herbst 1997 wurde er zum Leiter des Gerhart-Hauptmann-Hauses in Erkner.
 

 

Martin Stade

Martin Stade wurde 1931 in Haarhausen, Thüringen geboren und starb am 11. Dezember 2018 in Arnstadt. In diesem Jahr war das Amt des Burgschreibers noch einzigartig im Land Brandenburg. „Ich habe auf der Burg mehr Ruhe als zu Hause“, erklärt der gebürtige Thüringer, der in Görlitz gerade ein 700 Jahre altes, ererbtes Haus im Zentrum saniert hat. Der Görlitzer hatte sich als einer von über 30 Bewerbern wenig Hoffnung auf den Burgschreiber-„Job“ gemacht: „Ich hatte angenommen, das diene vorwiegend der Förderung Jüngerer“, meinte der 1931 geborene Stade. Er setzt in Beeskow die Arbeit an einem Buch fort, an dem er schon einige Zeit schreibt. „Hitlers Geheimoperation ILU“ heißt es. ILU bedeutet Inlandsumverlegung, verrät Stade. Der Ortswechsel brachte ihm neue Eindrücke, neue Bekanntschaften, die er aber nicht in Texten verarbeitet. Besonders interessiert hat sich der ehemalige Seelower Kultur-Dezernent, der sich als Behördenchef sehr für den Denkmalschutz engagierte, die Bauten der Stadt anschaut. „Im Verhältnis zu anderen Städten ist der Zustand und der Stand der Rekonstruktion der Innenstadt sehr gut“, lobt er.

Er machte eine Lehre als Rundfunkmechaniker von 1946 bis 1949. Von 1949 bis 1958 war er Funktionär bei der FDJ. Ab 1951 war er Mitarbeiter der Westabteilung des Zentralrats der FDJ in Berlin. Er war der Instrukteur der FDJ in Berlin-Steglitz und in Berlin-Wedding. Ab Mai 1952 war er erster Sekretär der FDJ in Berlin-Kreuzberg. Im November 1952 erhielt er eine Verbandsstrafe wegen „mangelnder revolutionärer Wachsamkeit“ und im April 1953 eine Rüge aufgrund von „schlechter Arbeitsmoral“.

Martin Stade war bis 1958 FDJ-Funktionär, Lehrer an einer Schule des Zentralrats der FDJ, Instrukteur und 2. FDJ-Sekretär des Kreises Arnstadt. Er arbeitete als Lehrer für Marxismus-Leninismus an der Bezirksschule Erfurt und einer Schule des Zentralrats der FDJ. Er war FDJ-Sekretär des VEB Fernmeldewerk Arnstadt.

Gert Loschütz

Wie hat es dem gebürtigen Genthiner, 1957 ging er mit seinen Eltern in den Westen, denn in Beeskow gefallen? „Unterschiedlich. Aber ich bin das halbe Jahr hiergeblieben, das sagt ja schon was.“ In dieser Zeit sind große Mengen an Notizen entstanden. Obwohl, wie Gert Loschütz berichtet, er am Anfang vorgehabt habe, in der Zeit auf der Burg an einem Roman weiterzuarbeiten: Ich habe dann gemerkt, dass das nicht so einfach ist, und dann doch über Beeskow geschrieben.“
Interessiert hat den scheidenden Burgschreiber als heutigen „Wessi“ aber auch die deutsch-deutsche Thematik, das Aufeinanderprallen der beiden Lebensweisen. Wo liegen für ihn die Unterschiede? „Abgesehen von dem Größenunterschied bestehen sie in der Summe der Probleme, die mit der Wende gekommen sind, in den verschiedenen Erwartungshaltungen, die sich aus der unterschiedlichen Lebensweise herauskristallisiert haben.“ Er habe viele Dinge erfahren, die in Frankfurt/Main nicht zu erfahren gewesen sein. „Ich bin auch hergekommen, um zu sehen, wie lebt man hier, wie ist das sinnlich. Das kann man nur, wen man sich eine Weile hier aufhält.“
Die unterschiedlichen Erfahrungen in den beiden deutschen Ländern hätten sich doch stärker bemerkbar gemacht, als er gedacht habe.
Die Familie von Gert Loschütz übersiedelte 1957 von der DDR in die Bundesrepublik Deutschland. In Dillenburg (Hessen) besuchte er das Humanistische Gymnasium. Nach dem Abitur, 1966, zog er nach Berlin und studierte an der Freien Universität Geschichte, Soziologie und Publizistik, daneben arbeitete er in der Literarischen Dependance des Hermann Luchterhand Verlags. Seit 1971 ist er freier Schriftsteller. 1977 zog er nach Frankfurt am Main. Er war Gastdramaturg am Schauspiel Frankfurt. 2000 kehrte er nach Berlin zurück und lebt dort mit seiner Familie.

Er ist seit 1988 Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und seit 1979 der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt am Main.

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